Für die großen Schriftsteller*innen der Literaturgeschichte hat sich bereits Ludwig Freitag die Frage gestellt, was eigentlich „Abends auf dem Helikon“ so passiert ist – also was Lessing, Goethe oder Kafka sonst so gemacht haben, um sich ihre Existenz zu sichern. Sie waren „Nebenstundenpoeten“ und quasi im Hauptberuf Pfarrer, Bibliothekare, Schulmeister, Landwirte oder Mediziner. Für junge Autor*innen der Gegenwart ist die Frage, wie man eigentlich den Lebensunterhalt verdient, nicht weniger dringend. Die wenigsten können tatsächlich vom Schreiben leben. Ein Großteil der Autor*innen, die Sie aus dem Feuilleton oder der Buchhandlung ihres Vertrauens kennen, sind ebenfalls „Nebenstundenpoeten“. Sie arbeiten als Kritiker*innen, gehen Kellnern, hangeln sich von einem Minijob zum nächsten. Und doch würden sie, gefragt nach ihrem Hauptberuf, wohl antworten: „Ich bin Autor*in.“ .

In diesem Seminar sollen nun neben den Haupt- und Nebenstundenpoeten vor allem die weiteren Akteure des Literaturbetriebs betrachtet werden. Insbesondere wird es um Institutionen und Mittel der Literaturförderung gehen. Dabei werden vor allem jene Förderinstrumente betrachtet, die Autor*innen direkt fördern und ihnen so ermöglichen – zumindest für eine gewisse Zeit – befreit vom ökonomischen Druck ihre Schreibprojekte zu verwirklichen.

Das Seminar schließt thematisch an meine aktuell entstehende Doktorarbeit an, die sich mit einem speziellen Aspekt der Förderung, den Stipendienhäusern, beschäftigt. Damit erhalten Studierende hier kursorische Einblicke, sowohl in die Berufspraxis eines Teils des Literaturbetriebes zu erhalten, als auch in die Forschungspraxis der germanistischen Literaturwissenschaft.

Literatur und Scheinmodalitäten werden in der ersten Sitzung bekannt gegeben.