Die griechische und lateinische Etymologie (syn-eidesis, con-scientia) deutet darauf hin, dass das Gewissen ein Mit-Wissen ist, ein innerer Zeuge. Aber wie genau ‚funktioniert‘ die Bezeugung, was ist ihr Inhalt, und wer oder was ‚spricht‘ durch den Gewissensruf? Diese drei Fragen werden unsere Lektüre klassischer Texte zum Gewissen strukturieren.
Wir werden uns zunächst den antiken Wurzeln des Gewissensbegriffs zuwenden und sodann an wichtigen ‚Stationen‘ seiner historischen Entfaltung Halt machen, um die Gemeinsamkeiten und Unterschiede verschiedener Zugänge zu untersuchen bzw. Rezeptionslinien nachzuzeichnen.
Thomas von Aquins scholastische Distinktionen führen uns zu Luther, wo das Gewissen als Ort der Sünde und Erlösung zum Vorschein kommt. Von Kants Gedanken des Gewissens als innerem Gerichtshof gelangen wir über Kierkegaards Beschreibung der Liebe als Sache des Gewissens zu Heideggers Interpretation des Gewissens als Medium der Selbsterschließung des Daseins. Sowohl Levinas als auch Ricœur zeigen Alternativen zu Heideggers Ontologie auf.
Unter Berücksichtigung aktueller Emotionsforschung werden wir schließlich auch ethisch relevante Gefühle wie Schuld, Scham und Reue, durch die sich ein ‚schlechtes‘ Gewissen bemerkbar macht, unter die Lupe nehmen.
Erste Sitzung: 9. April
Letzte Sitzung: 16. Juli
Die Texte zum Seminar werden zeitnah in der e-learning-Plattform Moodle bereitgestellt.
Die individuellen Themen der Hausarbeiten vereinbaren wir im Laufe des Semesters. Bitte beachten Sie, dass die Abgabefrist auf 15. August 2020 festgelegt ist.
- Lehrende(r): Welz Claudia