Wir beschäftigen uns in dieser Veranstaltung mit einem Kollektiv von KünstlerInnen und Intellektuellen, das sich in Paris in den 1930er Jahren unter dem Konzept der „Négritude“ formiert. Die daran geknüpfte transnationale Bewegung erstreckt sich über ein Raumgefüge, das durch den transatlantischen Sklavenhandel zwischen Afrika, Europa und den Amerikas bedingt war, und vornehmlich seit Paul Gilroy’s maßgeblicher Schrift als „Black Atlantic“ bezeichnet wird. Ausgangspunkt ist die politische und ästhetische Emanzipation vom Kolonialismus und die Auseinandersetzung mit den universalen Ansprüchen einer westlichen Moderne, die insbesondere den afrikanischen Kontinent unter das Verdikt des Primitivismus gestellt hatte. Wichtige Akteure und Namensgeber der Bewegung sind Léon Sédar Senghor (Senegal), Aimé Césaire (Martinique), und Léon Gontran Damas (Französisch Guyana). Wir werden uns im Rahmen dieser nun digital stattfindenden Veranstaltung mit den ästhetischen Theorien und den künstlerischen Positionen der Négritude beschäftigen, deren zentrale historische Brennpunkte die Einrichtung des Verlages „Présence Africaine“ in Paris 1947, die Bandung-Konferenz von 1955 und die großen Kunstfestivals in Dakar 1966 und Lagos 1970 gewesen sind. Der Schwerpunkt der Veranstaltung liegt dabei auf der Erkenntnis, dass westliche Bild- und Medienbegriffe, aber auch Vorstellungen von Geschichte und Tradition im transnationalen Raum des Black Atlantic in Diskussion geraten: Nicht nur werden die anthropologischen Grundlagen körperlicher Performanz erkennbar, auch Vorstellungen historischer Kontinuität und die Vormacht des westlichen Geschichtsverständnisses sind neu zu überdenken. Das Feld der künstlerischen Positionen reicht dabei von der Aufwertung der afrikanischen Felsmalerei durch Leo Frobenius bis zu den totemistischen Bildfigurationen Georges Batailles und Guillaume Apollinaires, von den senegalesischen Künstlern Iba N’Diaye (Malerei) und Papa Ibra Tall (Tapisserie) bis zu den us-amerikanischen Vertretern des Black Arts Movements.