Die Art und Weise, wie wir Kommunikation organisieren und wie wir kommunikative Äußerungen sprachlich gestalten, ist ganz wesentlich von den Zeitlichkeitsbedingungen geprägt, unter denen Kommunikation stattfindet: In gesprochener Sprache sind Äußerungen flüchtig und irreversibel und die Gesprächsbeteiligten nehmen sich kontinuierlich in all ihren Verhaltensäußerungen wechselseitig wahr (Synchronisierung). Beim sprachlichen Handeln mit Texten hingegen wird die Flüchtigkeit der Sprachäußerung dadurch überwunden, dass Sprache unter Rückgriff auf ein Schriftsystem auf einem externen, flächigen Träger (Papyrus, Pergament, Papier, digitaler Träger) fixiert wird, auf dem sämtliche Elemente der Äußerung simultan präsent zur Verfügung stehen. Solange sie nicht an die Rezipient*innen herausgegeben werden, sind schriftliche Äußerungen zudem reversibel und können von der oder dem Schreibenden beliebig oft wiedergelesen, evaluiert und überarbeitet werden.
In diesem Seminar werden wir anhand von ausgewählten Ausschnitten aus der wissenschaftlichen Diskussion um die Besonderheiten gesprochener und geschriebener Sprache zunächst einige grundlegende Konzepte erarbeiten, die für die Klärung der Zeitlichkeitsbedingungen in Gesprächen und beim sprachlichen Handeln mit Texten benötigt werden. Anschließend werden wir für ausgewählte Kommunikationsbereiche exemplarisch herausarbeiten, wie sich die Zeitlichkeitsbedingungen von Kommunikation ganz konkret sprachlich auswirken. Dabei werden wir auch solche Formen der Kommunikation betrachten, in denen gesprochene und geschriebene Sprache aufeinander bezogen sind (z.B. das kooperative Schreiben), sowie den Einfluss von Zeitlichkeitsbedingungen auf Formen der internetbasierten Kommunikation untersuchen und darstellen, weshalb die Kommunikation in WhatsApp-Chats und in sozialen Netzwerken charakteristische Unterschiede sowohl zu mündlichen Gesprächen wie auch zu schriftlichen Texten aufweist.
Arbeitsformen des Seminars sind zum einen intensive, kooperativ durchgeführte, Lektüren von ausgewählten Texten aus der linguistischen Literatur, deren Ergebnisse in Plenumsdiskussionen gesichert und vertieft werden. Dabei werden neben der "klassischen" Seminardiskussion vor allem lernendenzentrierte Diskussionsformate zum Einsatz kommen.
Bitte beachten Sie die Hinweise des Instituts zu Lehrveranstaltungen im Sommersemester 2020.
- Lehrende(r): Michael Beißwenger