„Wem gehören die beiden Wohnhäuser?“ Diese Frage beschäftigte in einem bundesweit Aufsehen erregenden Streit Familienmitglieder, Kleinstadtbewohner, Bürgermeister, Rechtsexperten, Richter und Journalisten in den 1950er und 1960er Jahren. Durch die multiperspektivische Betrachtung dieses Konfliktes um zwei Häuser erhalten Studierende Einblick in verschiedene Quellengattungen, mit denen Eigentumsrechte in der Bundesrepublik dokumentiert, bestritten, beglaubigt und öffentlich diskutiert wurden (z.B. Testamente, Rechtsgutachten, Gerichtsurteile, Medienberichte).

Auf übergeordneter Ebene werden wir an dem Fallbeispiel diskutieren, welche Akteure (Familienmitglieder, Rechtsexperten, Richter, Journalisten) mit welchen Argumenten und Strategien auf die Zuweisung dieser Häuser als Privateigentum an bestimmte Personen Einfluss nahmen. Daran anschließend werden wir aus rechts-, sozial- und kulturgeschichtlicher Perspektive Eigentumsverständnisse und -verhältnisse in der frühen Bundesrepublik diskutieren. Das Ziel des Seminares besteht darin, Studierende für die Komplexität der Frage – „Wem gehören die beiden Wohnhäuser?“ – zu sensibilisieren und sie in die Lage zu versetzen, Eigentumsordnungen eigenständig als soziokulturelle Konstruktionen mit darin eingeschriebenen Werten und Ungleichheiten zu analysieren.