Macht und Herrschaft sind zwei der zentralen Begriffe der politischen Theorie. Entsprechend groß ist die Vielfalt ihrer Deutungen und nicht selten auch die Verwirrungen, was damit begriffen sein soll. Die Frage nach Macht und/oder Herrschaft entsteht in der Moderne, in der sich die Gesellschaft nicht mehr durch göttliche, tradierte oder natürliche Ordnung rechtfertigen kann. Daraus folgt die Frage danach, wie jene Gesellschaft als Ordnung überhaupt entsteht und vor allem fortbesteht: Welche verbindlichen Regeln gelten für das Miteinander und wie lassen sich diese begründen? Wodurch ist die Ordnung bestimmt? Was und durch wen kann diese Ordnung neu bestimmt werden? Solche Fragestellungen sind der Demokratie quasi eingeschrieben und auf ihnen basiert eine theoretische Auseinandersetzung, die bis heute aktualisiert wird. 

Das Seminar soll diese grundlegende gesellschaftstheoretische Reflexion zugänglich machen. Die Auseinandersetzung beginnt in einem ersten Block mit der Analyse des Kapitalismus als gesellschaftliche Herrschaftsform (Marx und Weber), der zugleich das Potential innewohnt, die bürgerlichen Versprechen einer menschlichen Gesellschaft zu realisieren. Im zweiten Themenblock wird die Entwicklung der liberalen Gesellschaft hin zur Katastrophe und den Zivilisationsbruch des Holocaust betrachtet, die in den Analysen der Kritischen Theorie zum Zusammenhang von Aufklärung und totaler Unfreiheit im Faschismus gefasst wird. Im dritten Themenblock wird der Übergang von einer Herrschaftskritik des "totalen Verblendungszusammenhangs" (Adorno) zu einer Theorie der Macht nachvollzogen, die sich mit dem Werk von Michel Foucault verbindet.