Die deutschsprachige Literatur des 17. Jahrhunderts, eines Jahrhunderts der Kriege, der klimatischen Krise und der Pest, zeichnet sich nichtsdestotrotz durch einen faszinierenden Reichtum der literarischen Gattungen aus, für den die Vorlesung in einem Überblick begeistern möchte. Von der literarischen Produktion an den nicht krisenfreien Höfen (höfische Verhaltenslehren, Festkultur und Oper, Sprachgesellschaften) über die ‚Gelehrtendichtung‘ bis hin zum Schelmenroman, der auch niedrige Gesellschaftsschichten in den Blick nimmt, lässt sich ein sozialgeschichtlicher Zugang entwickeln. Der gewichtige Einfluss der Theologie öffnet dem eitlen, vergänglichen Diesseits den Blick hin zum Tod überwindenden, himmlischen Jenseits (Kirchenlied, Mystik, jesuitisches und protestantisches Schuldrama). Philosophisch kann der Einfluss des konfessionsübergreifenden Neustoizismus (Lipsius), einer Krisenphilosophie, als weiterer, wichtiger Bestandteil eines literarischen Anschreibens gegen die widrigen Zeitumstände aufgezeigt werden. Der Stellenwert von Erotik und Sexualität soll anhand der kunstvollen Kussgedichte (z.B. Fleming, Wie er wolle geküsset seyn) vorgestellt werden, die zugleich einen bezeichnenden Einblick in die Antike-Rezeption des 17. Jahrhunderts geben.