Schopenhauers Ästhetik kann in die Reihe der von Kant ausgehenden klassischen Konzeptionen, die sich mit dem Wesen des Schönen befassen, eingeordnet werden. Ähnlich wie Kant und seine idealistischen Nachfolger Fichte, Schelling und Hegel besteht für Schopenhauer das Wesen des Schönen in einer bestimmten Verbindung von Natur und Freiheit einerseits und einem spezifisch darauf bezogenen Begriff des Genies andererseits.
Als besonderes Kuriosum in Schopenhauers Konzeption ist der Rekurs auf Platons Ideenlehre hervorzuheben, die in jedem einzelnen Kunstwerk eine unzeitlich gedachte Wahrheit zur Sprache bringen soll. Insofern drückt das Kunstwerk oder die schöne Natur für Schopenhauer eine ewige Idee jenseits vergegenständlichter Einzelrepräsentanten aus, die auf das wahre Wesen der Welt verweist, das prinzipiell als Wille gedacht wird.
Da sich Schopenhauer in gewissem Sinn als Kantianer versteht, der in erkenntnistheoretischer Hinsicht realontologischen Tendenzen kritisch gegenübersteht, sind die platonischen Ideen, die einem Kunstwerk zugrunde liegen, in einem gewissen Spannungsverhältnis zu seiner Gesamtkonzeption angelegt.
Daher soll in diesem Seminar neben Schopenhauers spezifisch ästhetischer Theorie auch die Kohärenz mit seinem Gesamtsystem anhand ausgewiesener Textstellen untersucht werden, wodurch ein kritischer Blick auf idealistische Theorien insgesamt möglich wird.
- Lehrende(r): Raphael Gebrecht