Die politische System- und Regierungslehre untersucht die Gesamtheit von staatlichen und außerstaatlichen Einrichtungen, Akteuren, Regeln und Verfahren, die an der Formulierung und Lösung politischer Probleme sowie an der Herstellung und Durchsetzung politischer Entscheidungen beteiligt sind. Im engeren Sinne befasst sie sich also mit politischen Institutionen (polity), politischen Prozessen (politics) und politischen Inhalten (policies). In analytisch-vergleichender Perspektive betrachtet sie sowohl unterschiedliche Staatsformen (z.B. Demokratien, Autokratien etc.) als auch unterschiedliche und einzelne Staaten. Zusätzlich zu den „de jure“ formulierten Rechtsnormen untersucht sie dabei die „de facto“ zu beobachtenden Verfassungswirklichkeiten sowie die politischen Kulturen.

Im Rahmen des Seminars werden wir uns nach einer kurzen allgemeinen Einführung in die politische Systemlehre mit dem politischen System der Bundesrepublik Deutschland sowie dem Mehrebenensystem der Europäischen Union befassen. Dazu lernen wir die historischen und normativen Grundlagen bundesrepublikanischer sowie europäischer Politik kennen. Wir betrachten zentrale politische Akteure, beschäftigen uns mit den Funktionen und Aufgaben der einzelnen politischen Institutionen und blicken auf ihr spezifisches Zusammenwirken bei der Bearbeitung politischer Probleme. Außerdem befassen wir uns mit den wesentlichen Formen von Willensbildungs-, Entscheidungs- und Interessenvertretungsprozessen in Deutschland und der Europäischen Union.

All dies geschieht in Form eines sogenannten "Case Course", der in besonderem Maße auf die gewissenhafte Vorbereitung und aktive Mitarbeit der Seminarteilnehmerinnen und Seminarteilnehmer angewiesen ist. In ihm werden abstrakte wissenschaftliche Inhalte mit Hilfe realer politischer Entscheidungsszenarien illustriert. Aufgabe der Seminarteilnehmerinnen und Seminarteilnehmer ist es, sich in die Rolle der handelnden Entscheidungsträger hinein zu versetzen, deren situative Entscheidungsoptionen herauszuarbeiten, diese vor dem Hintergrund der spezifischen Kontextbedingungen abzuwägen, zu diskutieren und zu einer abschließenden Entscheidung zu kommen. Grundlegendes Ziel ist es dabei einerseits, die formalen Strukturen politischer Systeme und Institutionen durch die praktische Anwendung zu verinnerlichen und andererseits die Kontingenz des Politischen durch die Erarbeitung alternativer Handlungsoptionen und deren Bewerung zu erkennen.