Rassismus ist ein gesellschaftliches Verhältnis, das sich bewusst und unbewusst (auch) in Deutschland tagtäglich und systematisch (re-)produziert – durch einzelne Personen, in Institutionen und Diskursen. Trotz der jüngeren Diskussionen um Rassismus im öffentlichen und wissenschaftlichen Raum ist Rassismus in Deutschland im Gegensatz zum anglo-amerikanischen Sprachraum gesamtgesellschaftlich noch immer tabuisiert und/oder wird als Fehleinstellung Einzelner begriffen (Terkessidis 2021; Alexopoulou 2021). Für den deutschsprachigen Raum lässt sich zudem eine (mutmaßlich auch daraus resultierende) Forschungslücke zu Rassismus im Allgemeinen und zu institutionellem Rassismus im Besonderen feststellen. Versteht man Rassismus als gesellschaftliches Strukturprinzip, rücken institutionelle Zuständigkeiten, Verfahrensweisen und Diskurse in den Mittelpunkt des Forschungsinteresses. Staatliche wie sozialstaatliche Institutionen, etwa Polizei, das Gesundheitssystem oder die Arbeitsverwaltung, nehmen im Hinblick auf institutionellen Rassismus eine hervorgehobene Rolle ein, weil diese mit ihren Mechanismen an der (Re-)Produktion von Ein- und Ausschlüssen beteiligt sind.

Im Seminar werden wir uns zunächst ein gemeinsames Verständnis von Rassismus auf Grundlage rassismuskritischer, postkolonialer Rassismustheorien (etwa nach Stuart Hall, Birgit Rommelspacher oder Mark Terkessidis) erarbeiten und uns dann das theoretische und empirische Feld des institutionellen Rassismus erschließen. Nach der Lektüre theoretischer Zugänge und empirischer Konzeptionalisierungen sowie ihren jeweiligen Herausforderungen widmen wir uns aktueller Forschungsbefunde zu Rassismus in verschiedenen (sozial-)staatlichen Institutionen zu (Arbeitsverwaltung, Schule, Polizei, Hochschule, Gesundheitssystem, Kita). Am Ende des Seminarverlaufes wenden wir uns Texten zu, die Interventionsmöglichkeiten im Hinblick auf Rassismus in Institutionen aufzeigen sowie Anleitungen bereithalten, auch eigene rassistische Wissensbestände aktiv zu hinterfragen.