Auch wenn die massive Expansion europäischer Kolonialherrschaft im 19. Jahrhundert nicht immer im Mittelpunkt des Bewusstseins westeuropäischer Gesellschaften stand, wurden Öffentlichkeiten vor Ort und in den Kolonialmetropolen regelmäßig durch imperienübergreifende Skandale erschüttert. Manche dieser Skandale ebbten rasch wieder ab, andere führten zu grundlegenden Neujustierungen in kolonialen Herrschaftsverhältnissen. Anhand von Beispielen aus verschiedenen Kolonialimperien diskutiert das Seminar in vergleichender Perspektive, was überhaupt die Bedingungen dafür waren, dass bestimmte Verhältnisse in den Kolonien als skandalös empfunden wurden und andere nicht. In den Skandalen wurden häufig Fragen verhandelt, die weit über den konkreten Anlass hinauswiesen: von Recht und Rechtsstaatlichkeit, über Sklaverei und deren Abschaffung, bis hin zur staatlichen Ausübung von Gewalt und deren Grenzen und Vorstellungen moralischen und „zivilisierten“ Lebenswandels. Über die Kolonialgeschichte hinaus regt das Seminar Diskussionen zu konzeptionellen Fragen wie der Beziehung von Ereignis- und Strukturgeschichte und dem sich wandelnden Verhältnis von Öffentlichkeit und Geheimnis an. Die Bereitschaft zur Lektüre englischsprachiger Fachlektüre und Quellen ist absolut erforderlich. Bitte beachten Sie auch, dass in einigen Sitzungen auch Fälle extremer Gewalt und sexueller Gewalt behandelt werden.
- Lehrende(r): Jan Christian Jansen