In der Ausstellung „Gülsün Karamustafa. Chronographia“ (Hamburger Bahnhof, 2016) werden 110 Werke der Künstlerin vereint, die sich mit den visuellen Ausprägungen eines Spannungsverhältnisses befassen, das sich nach der Gründung der Türkei (als neuer säkularer Staat) im Jahre 1923 durch Mustafa Kemal als Gegenpol zum zerfallenen Osmanischen Reich, in seiner wohl radikalsten Ausprägung gezeigt hat. 

Das breitgefächerte Spektrum der Werke von Gülsün Karamustafa ist kulturell und politisch zugleich, denn Fragen um die Identität einer Kultur sind stets auch mit Fragen um politische Prozesse einer Nation verknüpft. Verhältnisse zwischen dem Lokalen und Globalen, zwischen Tradition und Moderne, zwischen Nation und kultureller Differenz machen Räume sichtbar, die als Hybrid (Bhabha 2000), Ambig und als Zwischenräume beschrieben werden. 

Im Seminar soll anhand ausgewählter Werke Gülsün Karamustafas, aber auch weiterer zeitgenössischer Künstler:innen aus der Türkei über jene historisch, politisch, sozio- und transkulturellen Zusammenhänge reflektiert werden. Des Weiteren werden Fragen um das Konzept des (Post-) Orientalismus und damit die verwobenen Fäden der Kunstgeschichte zwischen Europa, dem Osmanischen Reich und der Türkei nachgegangen, als auch künstlerischen Strategien reflektiert deren Thematik Gender und Feminismus thematisieren.