Wunsch, Wahn und Wirklichkeit

Inszenierte Weiblichkeit zwischen Realismus und Neuer Sachlichkeit unter besonderer Berücksichtigung männlicher und weiblicher Autorschaft. 

Im Gegensatz zum 17. und 18. Jh. wurde im 19. Jahrhundert die Frau “von einer sündhaften Kreatur”  zur “Keuschheitsgarantie der Gesellschaft” erhöht. (Karin Lützen). Ängste und gesellschaftliche Definitionsdefizite lassen den bürgerlichen Mittelstand des 19. Jhs. ein rigides kollektives Moralverständnis ausformen, bei dem die ideale Frau als entsexualisierte Mutter und Madonna im Zentrum steht. Gleichzeitig findet die junge literarische Bohème just am Gegenpol dieser konstruierten Idealgestalt Gefallen, nämlich an der männerverschlingenden Femme Fatale und der “belle dame sans merci”, der schönen Dame ohne Gnade, einem Typus, der das Grenzland zwischen Traum und Albtraum des Bürgers bevölkert und der der bürgerlichen Moral als gefährliches Monster entgegentritt. 

In diesem Seminar betrachten wir jedoch nicht nur den Gegensatz zwischen Femme Fatale und idealisierter Mutter in der künstlerischen Darstellung, sondern ganz besonders die Unterschiede im Blickwinkel aus weiblicher und männlicher Autorschaft.