Seit einigen Jahren sind Romane von japanischen Autor*innen wie Haruki Murakami, Banana Yoshimoto oder Yoko Ogawa nicht von den Bestsellerlisten wegzudenken. Japan hypt - zumindest auf dem Literaturmarkt. Aber die Exotik des fernen Ostens begeistert deutsche Leser*innen nicht erst in jüngster Zeit. Nachdem Japan über Jahrhunderte für die übrige Welt nicht erreichbar war, konzentrierte sich nach der Öffnung des Landes 1854 das Interesse vieler Autoren, Wissenschaftler und Reisenden auf das ‚unbekannte‘ Land. Dies hat sich vielfältig in der deutschsprachigen Literatur niedergeschlagen: Es entstanden Reiseberichte, Romane, Gedichte und sogar Dramen, in denen die Figuren und die Leser dem kulturell Fremden begegnen. Das Andere wird zum Vorbild oder Schreckbild, die eigene Kultur wird - im positiven oder negativen Sinne - japanisiert, die japanische Kultur 'verwestlicht'. Wichtige Verschiebungen im Japanbild bringen die politischen Wechsel vom Kaiserreich über die Weimarer Demokratie zum NS-Staat bis zur Bundesrepublik mit sich.
Im Seminar wird es im Schwerpunkt um Texte des frühen 20. Jahunderts und der unmittelbaren Gegenwartsliteratur gehen. Neben theoretischen Aufsätzen zum Exotismus, zur Fremdheit und Interkulturalität werden vornehmlich Romane und Reiseberichte gelesen.
Teil des Seminars ist der Poet in Residence: In diesem Semester besucht uns Christoph Peters, gebürtig vom Niederrhein, der sich seit fast 40 Jahren mit Japan beschäftigt und immer wieder japanische Motive, Handlungsorte und Figuren in seinen Romanen aufgreift. Zudem hat er 2021 den Reiseessay Tage in Tokio veröffentlicht. Peters ist vom 9. bis 12. Dezember an der UDE, Sie besuchen mindestens zwei seiner Poetik-Vorlesungen bzw. seiner Lesungen (Mo-Do 16-18 Uhr). Ggf. besteht für einzelne Teilnehmer*innen nach Rücksprache die Möglichkeit, an seiner Schreibwerkstatt teilzunehmen.
Folgende Primärliteratur ist die Grundlage des Seminars und muss intensiv durchgearbeitet werden:
- Lafcadio Hearn: Mein erster Tag in Japan (gegen 1890)
- Kathrin Röggla, Oliver Grajewski: tokio, rückwärtstagebuch (2009)
- Christoph Peters: Tage in Tokio (2021)
- Max Dauthendey: Den Abendschnee am Hirayama sehen (1911)
- Andreas Séché: Namiko und das Flüstern (2011)
- Christoph Peters: Mitsukos Restaurant (2009)
- Lucy Fricke: Takeshis Haut (2014)
Der Buchauszug von Hearn und die Novelle von Dauthendey sowie die verbindliche Forschungs- und Sekundärliteratur werden Ihnen in Form von PDFs zur Verfügung gestellt.
Die Teilnahme am Kurs setzt ausdrücklich die Bereitschaft zur umfangreichen Lektüre und regelmäßigen aktiven Teilnahme voraus.
- Lehrende(r): Reinhardt-Becker Elke