Der sogenannte „Wilde Westen“ und die Auseinandersetzung mit den frühen heroischen Mythen und kolonialen Okkupationen der USA wird im Zentrum dieser Vorlesung stehen. Mit dem Ankauf Louisianas aus französischem Kolonialbesitz 1803/04 war der erste Schritt zur Ausweitung des westlichen Territoriums jenseits des Mississippi unternommen, der eine umfangreiche Siedlungspolitik nach sich zog. Bis heute konturiert die Geschichte der Erschließung des „unzivilisierten“ nordamerikanischen Westens nicht allein die politische Ideologie der USA, ihren Freiheitsbegriff und wesentliche Aspekte eines territorial geprägten Imaginären. Mit ihr verbindet sich auch die Vertreibungsgeschichte der „Native Americans“. Ursprünglich waren die unterschiedlichen indianisch-amerikanischen Gesellschaften in eigenen Territorien exkludiert (Proclamation Act 1763), zunächst durch die französischen, dann die britischen Kolonialregime, gleichzeitig waren sie Vertrags- und Handelspartner.Im Rahmen zahlreicher Expeditionen wurden sie seit Beginn des 19. Jh. zunächst Ziel ethnographischer Neugier, bald aber auch militärische Gegenspieler der vorangetriebenen Siedlungsprozesse und schließlich Objekte der Umsiedlungs- und Reservatspolitik.


Die Vorlesung wird sich mit den künstlerischen Konzepten beschäftigen, die den so bezeichneten „American Indian“ (George Catlin u.a.) konstruierten. Zahlreiche Maler*innen und später Fotograf*innen (Edward Curtis) beschäftigten sich mit der Dokumentation der unterschiedlichen sogen. „Indian tribes“, porträtierten deren „chiefs“ und erzeugten jene fiktiven Vorstellungen von Leben und Sitten der „Indianer“, die bis heute in stets erneuerten Revisionsprozessen Teil der Populärkultur sind. Um 1850 setzt eine zweite Malergeneration ein, die nun bei weitem stärker die Landschaftsterritorien, Flora und Fauna des westlichen Nordamerika zum Inbegriff us-amerikanischer Identitätspolitik machten, die sich in der Doktrin des „manifest destiny“, d.h. der Vorstellung eines göttlich vorbestimmten Siedlungsauftrages verfestigte: U.a. der Deutschamerikaner Alfred Bierstadt, Schüler der Düsseldorfer Akademie, steht im Zentrum dieser neuen Aufwertung einer Landschaftsmalerei, deren topographische Höhepunkte (Yellowstone, Grand Canyon) die Anwesenheit der Native Americans ausblenden. Dass die Popularität der „Indianermythen“ und ihre politische Indienstnahme in ganz Europa auch im 20. Jahrhundert vielfach rezipiert wurde, zeigt nicht nur die Vielzahl der Ausstellungen bis in die jüngste Zeit, sondern ebenso die umfangreiche Filmkultur, zu der nicht nur Literaturverfilmungen (Karl May), sondern ebenso der Italo-Western Sergio Leones gehört.


Wir werden uns dem umfangreichen Thema in exemplarischen Zugängen widmen. Englischkenntnisse werden vorausgesetzt.