Im gesellschaftlichen Diskurs und auch in ökonomisch ausgelegten Kontexten hat sich „Kreativität“ als Positivum etabliert. Kreativität wird als notwendiges Additiv für erfolgreiches Handeln eingefordert („wir brauchen mehr Kreativität“), als ausschlaggebendes Merkmal der eigenen Leistungen herausgestellt („wir sind die Kreativen“) oder als positiv konnotiertes Bewertungsattribut eingesetzt („Du bist sehr kreativ!“). Längst steht ein breites Spektrum an „Kreativitätsmethoden“ zur Verfügung. Die dem Themenfeld gewidmete und durch entsprechende Seminar-, Weiterbildungs- und Kongressindustrie flankierte Ratgeberliteratur generiert das Implikat, dass wir uns Kreativitätsmethoden aneignen müssen, um im Erfolgs-Game mitspielen zu können – so, als wäre mit dem Kreativitätsresultat bereits das Ziel erreicht („erfolgreich sein durch Kreativität“). Dabei ist Kreativität nicht nur in ihrem Vollzug kommunikativ getragen, wie etwa in Form von Regeln wie dem Verbot bewertender Äußerungen (z.B. beim „Brainstorming“), Schweigegeboten (z.B. beim „Brainwriting“) oder vorgegebenen Rollenprofilen mit Sprachmustern (z.B. in der „Disney-Methode“). Kreativität ist stets eingewoben in vor- und nachgelagerte (Kommunikations-) Prozesse. Gerade die letzteren sind es, aus denen das Erfolgsnarrativ der Kreativität entsteht.
In der Veranstaltung erkunden wir ausgewählte Kreativitätsmethoden im Hinblick auf ihre kommunikative Inszenierung, Realisierung, Finalisierung und Ergebnisaufbereitung für anschließende Verwertungsroutinen. Von hier aus soll „Kreativität“ als Ressource mit ihren Potentialen und Limitierungen im Geflecht der Praktiken und Prozesse von Wirtschaftsorganisationen verortet werden.