Die kontinuierliche Auflösung der Grenzen in und zwischen den Künsten, die seit den 1960er Jahren für die westliche Gegenwartskunst symptomatisch ist, ist am Übergang vom 20. zum 21. Jahrhundert in eine neue Phase eingetreten. Kunst, Stadtraum, und politische Protestkultur haben neue Allianzen gebildet, um medial sichtbar mit physischer Aktionspräsenz im öffentlichen Raum zu stören, zu provozieren, zu politisieren und zu intervenieren. Die Übertragung kunstbasierter Kreativitätskonzepte in den städtischen Aktionsraum hat zur Folge, dass sich der creative artist mit dem creative citizen verbündet, um an der Stadtentwicklung zu partizipieren und am Design innovativer Städte mitzuwirken.

Der erste Teil des Seminars vermittelt eine historischen Überblick über Kreativstrategien und -praktiken des urbanen Kunstaktivismus von der Avantgarde-Bewegung der Situationistischen Internationale bis hin zu zeitgenössischen urbanen Interventionen. Der zweite Teil nimmt das Innovationspotenzial von Kreativstrategien im gegenwärtigen urbanen Aktivismus wie etwa culture jamming, urban hacking, guerilla gardening, karnevalistische Taktiken, Craftivismus, Flashmobs und Pranks kritisch in den Blick. Referenzort für die Auseinandersetzung mit neueren aktivistischen Strategien im urbanen Raum sindinternationale Städte sowie die Städte der Ruhregion. Am Ende des Seminars soll eine eigene Kreativstrategie für ein konkretes künstlerisches Aktionsprojekt im urbanen Raum der Stadt Essen entwickelt werden.


Die Kunst lebt und überlebt, indem sie permanent die Grenzen dessen, was als Kunst definiert und kanonisiert wird, verschiebt und überschreitet. Ihr Kreations- und Innovationspotenzial zeichnet sich immer auch durch ein Transgressionsmoment aus. Die kontinuierliche Auflösung der Grenzen zwischen den Künsten und über diese hinaus steigert sich symptomatisch im 20. Jahrhundert. An dessen Anfang stehen die Aufbruchbewegungen der Avantgarde, ihre Tabubrüche, Grenzverstöße und experimentellen Kunstüberschreitungen. Am Übergang zum 21. Jahrhundert tritt die Entgrenzungsgeschichte der bildenden Kunst in eine noch radikalere Phase der “Ausweitung der Kunstzone” ein: Kunst interagiert unmittelbar mit Politik und gesellschaftlichem Leben. 

Anhand bahnbrechender Künstlerfiguren und Kunstbewegungen gibt die Vorlesung einen Überblick über die wichtigsten historischen und konzeptionellen Stationen einer Entgrenzungs- und Ausweitungsgeschichte der Kunst von der Idee des Gesamtkunstwerks über die experimentellen Kunstpraktiken und Ästhetiken der Avantgarde und Nachmoderne bis hin zur gegenwärtigen Intervention der Kunst in den öffentlichen Raum als politischen Ort der Lebensgestaltung und Meinungsbildung. Im Mittelpunkt der historisch-kritischen und interdisziplinären Analyse stehen die Auflösung der Grenzen zwischen den Einzelkünsten, zwischen bildender und darstellender Kunst, Kunst und Natur, Kunst und Leben, Kunst und Technik/Wissenschaft, Kunst und Gesellschaft sowie Kunst und urbanem Raum.


Das Kolloquium dient zur Vorbereitung der Masterarbeit. Es bietet denjenigen Studierenden, die aktuell eine Abschlussarbeit erstellen, ein Lektüre- und Diskussionsforum, um Inhalt, Methodik und Struktur ihrer Forschungsarbeit zu präsentieren und kritisch zu reflektieren. Die Vorstellung der einzelnen Masterarbeit-Projekte wird durch die Lektüre themen-, methoden- und theorierelevanter Texte ergänzt und vertieft. Das Kolloquium findet einmal im Monat als Blockveranstaltung statt.

Das Seminar vermittelt einen Einblick in die globalen Kunstwelten der Weltkunst unter Berücksichtigung historischer wie gegenwärtiger Ansätze einer Weltkunstgeschichte. Eine gegenstandsbezogene mit einer kunsttheoretischen Zugangsperspektive verknüpfend, behandelt es, welche ästhetischen, geschichtlichen und kulturpolitischen Parameter und Wertekriterien Kunst als Weltkunst bestimmen, wie diese die Weltkunstgeschichtsschreibung beeinflussen, und welche Bedeutung in diesem Zusammenhang dem Schutz und Erhalt des Weltkunst-Kulturerbes zukommt. Ausgehend von kunstgeschichtlichen und anthropologischen Forschungen sowie Studien zu materiellen Kulturen und Weltkulturerbe, nimmt es anhand von Fallstudien aus Afrika, Nord- und Südamerika, Asien, dem arabischen Raum, Europa und Ozeanien in den Blick, wie Weltkunst gesammelt, gehandelt, und ausgestellt wurde/wird und welche Rolle dabei ökonomische und politische Interessen im Verbund oder Konflikt mit ästhetischen spiel(t)en. Darüber hinaus thematisiert das Seminar die aktuellen politischen, rechtlichen und konservatorischen Herausforderungen, mit denen die Weltkunst- und Weltkulturerbestudien heute konfrontiert sind. Eine Projektarbeit zu Provenienzforschung am Museum Folkwang in Essen ist integraler Bestandteil des Seminarprogramms.