Authentizität ist längst zu einem Imperativ individueller Lebensführung geworden. Wer sich selbst mitteilt, steht unter dem Erwartungsdruck, ‚authentisch‘ zu kommunizieren – egal ob im Freundeskreis, in der Politik, im juristischen Geständnis oder in sozialen Netzwerken. Das mutet Subjekten einen schwer aufzulösenden Widerspruch zu: Wie kann man authentisch sein, wenn Authentizität doch nie unvermittelt auftritt, sondern immer auch ein Effekt von Inszenierung ist? In dieser Veranstaltung soll nicht nur der Diskurs um Authentizität historisch und systematisch untersucht werden, es soll vor allem um die Frage gehen, was die Erzählanlässe für Aufrichtigkeit sind und welchen Einfluss die Medien – man denke an Brief und Tagebuch, heute an Instagram und Podcasts – auf die Kommunikation von Authentizität haben. Zu diesem Zwecke sollen empirische Formen von Authentizitätseffekten in den Blick genommen werden, beispielsweise in autobiographischen Narrativen, in der Gegenwartsliteratur oder im politischen Diskurs.