Prof.
Dr. Ute Klammer, IAQ/Institut für Soziologie, Fak Gesellschaftswissenschaften
Lehrforschungsprojekt
(Master) im WiSe 2023/24 und SoSe 2024
Dienstags,
zweiwöchig vierstündig, 14.00 - 18 Uhr
Raum
LK 061/ ab 12.12.23: Raum LE 502
Seminarbeginn WiSe 2023/24: 17.10.2023
Seminarbeginn SoSe 2024: 09.04.2024
„Geld oder Leben“?!
Zeitrechte von Beschäftigten und ihre betriebliche
Umsetzung
In diesem Lehrforschungsprojekt wird den Studierenden
die Möglichkeit gegeben, in direkter Ankopplung an ein aktuell durch die Seminarleiterin
geleitetes Forschungsprojekt (ZOBAO) eigene empirische Forschungsfragen zu
entwickeln und im Laufe der zweisemestrigen Lehrveranstaltung ein hieran
anschließendes eigenes empirisches Forschungsvorhaben durchzuführen. Im Zentrum
stehen Fragen rund um Arbeitszeitrechte von Beschäftigten, ihre Nutzung und das
betriebliche Management ausfallender Arbeitszeitvolumina. Damit ist das LFP
insbesondere für Masterstudierende mit arbeitssoziologischen und
personalpolitischen Schwerpunkten interessant.
Zum Forschungsprojekt „Mehr Rechte für die einen –
mehr Druck für die anderen?
Lebensphasenbezogene Zeitoptionen und ihre Auswirkungen auf die betriebsinterne
Arbeitsorganisation (ZOBAO)“:
Gesetzgeber und
Tarifparteien kommen mit der Einführung unterschiedlicher Möglichkeiten
temporärer Arbeitszeitverkürzungen den Bedürfnissen nach lebensphasenbezogener
Arbeitszeitflexibilität vieler Beschäftigter entgegen. Erfahrungen u.a. bei
Post und Bahn, in der EVG und IG Metall zeigen, dass die in den Tarifverträgen
angebotene Wahl zwischen Freizeit und Geld von den Beschäftigten gut angenommen
wird. Zusammen mit der Elternzeit, der Familienpflegezeit und den verschiedenen
Rechten auf Teilzeit, existiert damit ein bunter Strauß an Möglichkeiten, die
Arbeitszeit an die Anforderungen der jeweiligen Lebensphase anzupassen. Bislang
wenig bekannt ist jedoch, wie die neuen Regelungen in den Betrieben umgesetzt
werden und wie die unterschiedlichen rechtlichen und tariflichen Ansprüche
zusammenwirken. Im Zentrum des am IAQ angesiedelten Forschungsprojekts ZOBAO steht
daher die Frage, wie gut die Betriebe auf die temporären Freistellungen und
Arbeitszeitreduzierungen ihrer Mitarbeitenden vorbereitet sind und wie sie den
Arbeitszeitausfall kompensieren: Werden Arbeitgeber, wie Kritiker des Konzepts
"Zeit statt Geld" bemängeln, vor kaum zu lösende Probleme gestellt –
oder entwickeln sich neue, innovative Konzepte des Personalmanagements? Können
die neuen Rechte zu einer verbesserten Work-Life-Balance der Beschäftigten
führen und einen Beitrag zur eigenverantwortlichen Gestaltung einer „guten
Erwerbsbiografie“ leisten – oder gehen die vermehrten Rechte für die
Kernbelegschaften auf Kosten der Randbelegschaften und schlecht in den
Arbeitsmarkt eingebundenen Gruppen? Anknüpfend an die These der „Dualisierung“
auf dem deutschen Arbeitsmarkt (u.a. Dingeldey 2010, Eichhorst/Tobsch 2015,
Eichhorst/Marx 2011, 2019) gilt zudem ein besonderes Interesse der Frage,
ob/wann die neuen Rechte zu einer Vertiefung der Kluft zwischen verschiedenen
Gruppen der Belegschaften bzw. der Erwerbsbevölkerung führen („mehr Rechte für
die einen – mehr Druck für die anderen?“) und ob/wann sie einen positiven
Beitrag zur Lösung der Zeit- und Flexibilitätsbedarfe von Beschäftigten und
Unternehmen leisten.
In dem noch bis
Ende 2024 laufenden Forschungsprojekt werden Betriebsfallstudien und eine repräsentative
quantitative Betriebsbefragung durchgeführt. Ziel der quantitativen
Betriebsbefragung ist die Erfassung der Verbreitung, Ausgestaltung und betrieblichen
Organisation unterschiedlicher lebenslaufbezogener Freistellungen und
Arbeitszeitverkürzungen. Mittels der in unterschiedlichen Branchen
durchzuführenden Fallstudien sollen vertiefte Einblicke darüber gewonnen werden,
wie lebenslaufbezogene Arbeitszeitverkürzungen in den Betrieben konkret
umgesetzt werden, wie betriebliche Akteure mit den variierenden
An-/Abwesenheiten und Arbeitszeitumfängen ihrer Beschäftigten umgehen und welche
Lösungen sie für die daraus resultierenden Herausforderungen finden. (nähere
Infos: https://www.uni-due.de/iaq/projektinfo/zobao.php)
Im
LFP werden wir uns – je nach Vorkenntnissen und Interessenlage der
Seminarteilnehmer*innen - zunächst mit wichtigen Entwicklungstendenzen rund um
die gesetzliche, tarifliche und betriebliche Arbeitszeitpolitik beschäftigen
und diese soziologisch einordnen. Parallel erörtern wir methodische Fragen zur
Vorbereitung eigener Forschungsdesigns, die jeweils an die von den Studierenden
geplanten eigenen Forschungsprojekte inhaltlich angekoppelt sein werden. Der
Schwerpunkt wird auf qualitativen Methoden liegen; es sind jedoch auf Wunsch
auch quantitative Forschungsvorhaben oder Mixed-methods-Designs möglich. Die
eigenen Forschungsprojekte werden von der Seminarleiterin und der gesamten
Seminargruppe über zwei Semester von der Ideenentwicklung über die Feldphase
bis zur Auswertung und Aufbereitung bzw. Verschriftlichung der Ergebnisse
begleitet. Dabei profitieren die Studierenden immer wieder von Einblicken in
die „Forschungswerkstatt“ des Projekts ZOBAO und dort generierten Erfahrungen
und Ergebnissen, die die eigenen Projekte befruchten können.
Weitere Themenschwerpunkte für studentische Forschungsprojekte - insbesondere
für Studierende mit Schwerpunkt Migrationssoziologie - sind denkbar, sofern sie
sich thematisch und methodisch sinnvoll in den Seminarkontext einbinden lassen.
Die
Projekte werden in Kleingruppen von i.d.R. 3-4 Personen durchgeführt. Individuelle
thematische Schwerpunktsetzungen der Teilnehmer*innen innerhalb der Gruppen sind
möglich.
Literaturhinweise
werden im Seminar nach Klärung der inhaltlichen und methodischen
Interessenschwerpunkte der Teilnehmer*innen gegeben bzw. besprochen.